Die USA sind das Startup Land Nummer eins, immer mehr junge IT-Unternehmer lassen die Heimat hinter sich und versuchen ihr Glück im Silicon Valley. Alleine hier arbeiten mittlerweile auch etwa 50.000 Deutsche.
Schaut man sich erfolgreiche deutsche Startups an, scheint es jedoch sehr wohl innovative Vordenker hierzulande zu geben – leider wandern die aber tatsächlich häufig ins Ausland ab. Dafür scheint es verschiedene Gründe zu geben: Wenn man Dr. Burton Lee, Europa-Innovationsexperte an der Standford University, Glauben schenkt, liegt es an der fehlenden deutschen Innovationskultur. Als Beispiel nennt er die Forderung des CEO der amerikanischen Firma General Electrics. Er erwartet bereichsübergreifend von all seinen neuen Angestellten, dass sie in der Lage sein müssen, eine Software zu programmieren – so ein fortschrittliches Denken sei in deutschen Firmen nirgends zu finden.
Ein weiterer Grund: die weltbekannte deutsche Bürokratie. Der Abbau von regulatorischen Hürden ist die häufigste Forderung, die deutsche Startups an die Politik stellen. Schon bei der Firmengründung in Deutschland geht es los, denn sie dauert im Durchschnitt 15 Tage, bei denen neun Behördengänge erfolgen müssen. In den Vereinigten Staaten sind es lediglich fünf Tage und sechs Behördengänge.
Doch der bürokratische Aufwand ist nur eine der Hürden, die deutsche Gründer überwinden müssen. Auch beim Thema Steuererleichterungen für Investoren hat die Bundesrepublik Nachholbedarf. So erhalten britische private Investoren eine Ermäßigung von bis zu 50 Prozent auf ihre Einkommenssteuer, wohingegen deutsche Investoren zum Beispiel durch das Förderprogramm „Invest“ lediglich 20 Prozent ihrer Investition steuerfrei erhalten.
Generell sind in Deutschland private Investoren im Vergleich zu anderen Ländern Mangelware und bei weitem nicht so investitionsfreudig wie beispielweise in den USA. Alleine im Bundesstaat Kalifornien werden jährlich etwa 33 Milliarden investiert, in ganz Deutschland nur rund eine Milliarde.
Was deutsche private Kapitalgeber nicht leisten, sollen staatliche Förderprogramme auffangen – mit eher mäßigem Erfolg. Zwar standen durch die Aufstockung der Gründerfonds deutschen Startups im letzten Jahr 3,2 Milliarden Euro zur Finanzierungsunterstützung zur Verfügung, doch nach wie vor zählt die erleichterte Kapitalbeschaffung für deutsche Startups zu den drei häufigsten Forderungen an die Politik.
Der mangelnde Informationsfluss in Richtung der Startups sorgt zudem dafür, dass vorhandene Gelder gar nicht erst abgerufen werden: Förderprogramme erfahren nicht die gewünschte Aufmerksamkeit und viele Gründer wissen gar nicht, für welche Zwecke sie Fördermittel beantragen können. Deshalb bleibt viel potenzielles Kapital ungenutzt in den Gründerfonds liegen. Eine gezielte Kommunikation über die neue deutsche Innovationskultur und die Förderungsmöglichkeiten für Investoren und Gründer könnte dem entgegenwirken.
Sucht man nach europäischen Vorreitern in puncto digitale Innovationen, brauchen wir nur einen Blick auf unsere niederländischen Nachbarn zu werfen. Denn die niederländische Großstadt Amsterdam erhielt nicht umsonst 2016 den „Europe’s Capital of Innovation“-Preis der europäischen Union. Dies hängt nicht zuletzt auch mit dem digitalisierten Bildungssystem der Niederländer zusammen: Ist digitalisierter Unterricht in Deutschland noch eine Besonderheit, gibt es in den Niederlanden alleine 35 „Steve Jobs Schools“, die den Unterricht fast ausschließlich über technische Endgeräte gestalten. Vielleicht eine Anregung für Deutschland, denn schließlich beginnt die Implementierung einer neuen Kultur immer bei den kleinsten Mitgliedern einer Gesellschaft.