Ich sehe was, was Du nicht siehst…das kommunikative Potential von Familienunternehmen

Nahezu 90 Prozent der Firmen in Deutschland sind Familienunternehmen. Sie gelten als treibende Kraft und Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Doch kaum jemand bemerkt es, sind sie doch eher zurückhaltend und reden ungern über Themen, die ihnen selbstverständlich erscheinen. Häufig liegen Familienunternehmen Werte wie Tradition, Beständigkeit und Verantwortung besonders am Herzen. Sie prägen ihre Unternehmenskultur und sind entscheidender Faktor für einen wirtschaftlichen Erfolg meist über sehr lange Zeit hinweg. Wird ein Unternehmen von seiner Eigentümerfamilie geführt, stehen vorwiegend der langfristige Erfolg und eine Kontinuität über mehrere Generationen hinweg im Vordergrund, selten ein kurzfristiger Ertrag. Verantwortung hat hier ganz unmittelbare Konsequenzen und mit dieser besonnenen Vorgehensweise können sie auch Krisen zumeist besser meistern und gestärkt daraus hervorgehen.

Ein hohes kommunikatives Potential also für Familienunternehmen, für das eine aktiv gesteuerte Unternehmenskommunikation von grundlegender Bedeutung ist. Sie prägt die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, schafft Sympathie und Glaubwürdigkeit und sorgt vor allem dafür, dass Unternehmen das kommunikative Zepter in der Hand behalten und die Sprecherhoheit bei ihnen liegt. Denn: Wer nicht selbst kommuniziert, über den wird im Zweifelsfall kommuniziert. Spätestens dann, wenn das Unternehmen durch äußere Umstände in das Interesse der Öffentlichkeit rückt. Das haben in den letzten Jahren immer mehr Familienunternehmen verstanden und sich kommunikativ geöffnet. Gleichzeitig erwarten natürlich auch die eigenen Mitarbeiter, dass ihr Unternehmen mit ihnen kommuniziert – und zwar vor der medialen Öffentlichkeit, denn die Faustregel heißt: intern vor extern.

Gleiches gilt für eine der zentralen Herausforderungen in Familienunternehmen, den Generationswechsel. Steht der Unternehmer seit langer Zeit an der Spitze und übergibt dann an die nächste Generation, ist das nicht immer ganz einfach. Manche Gründer können nicht rechtzeitig loslassen, während sich vor allem die Mitarbeiter oft fragen, ob unter der neuen Führung nun womöglich alles ganz anders wird? Umso wichtiger ist eine gesteuerte und offene interne wie externe Kommunikation, die eine klare Haltung und Richtung aufzeigt sowie Spekulationen über mögliche Uneinigkeiten oder Zwist in der Familie entgegenwirkt. Denn oftmals ist nichts spannender als Flurfunk oder öffentliche Mutmaßungen zu Familienangelegenheiten.

Wie die Kommunikation rund um den Generationenwechsel gelingen kann, zeigen die Beispiele Rossmann und Deichmann: Mit gezielter Medienarbeit und Interviews, oft auch gemeinsam mit seinem Sohn und Nachfolger Raoul, begleitet das Unternehmen von Drogist Dirk Rossmann den Generationswechsel – und schafft so Vertrauen in die kommende Führungsgeneration. Schuh-Unternehmer Heinrich Deichmann gibt dagegen nach wie vor nur selten Interviews. Betont dann aber sehr deutlich, dass sein Vater die Weitergabe des Staffelstabs großartig meisterte – dank der Entscheidung, sich tatsächlich und vor allem konsequent Stück für Stück aus dem Unternehmen zurückzuziehen und stets das Wohl der Firma im Blick zu haben. Ein hohes Ethos, das sich damit in der öffentlichen Wahrnehmung auch auf den Sohn überträgt.

Die Themenfelder, die Familienunternehmen besetzen können und damit auch die Möglichkeiten zur Kommunikation sind vielfältig. Es ist schade, wenn Familienunternehmen ihr Potential nicht nutzen, um ihr Bild und ihre Werte nach innen sowie außen zu transportieren.

Übrigens: Als ältestes Familienunternehmen in Deutschland gilt die bereits 1530 von Wilhelm Prym gegründete Prym-Gruppe, die unter anderem Nähnadeln, Druckknöpfe und Reißverschlüsse aus Edelmetall herstellt.