Die Zinsen an den Finanzmärkten steigen wieder, in Afrika gibt es Essen für alle, Deutsche und Flüchtlinge leben friedlich miteinander und bei Angelina und Brad läuft es wieder gut. Nachrichten, bei denen wir gerne sagen würden: mehr davon. Aber leider Fehlanzeige. Eigentlich. Denn einige Journalisten haben es sich auf die Fahnen geschrieben, gegenzusteuern – mit konstruktiven Nachrichten. Natürlich können auch sie keine Hungersnöte lindern, Finanzmärkte oder soziale Gefüge verändern oder Beziehungsprobleme lösen. Aber sie versuchen, Positives stärker hervorzuheben und aufzuzeigen, was verändert werden kann. Das Vorgehen ist jedoch nicht unumstritten.
Kritiker beurteilen die Berichterstattung als „Bienchen- und Blümchen“-Journalismus, sehen Tür und Tor für nicht ausreichend substanzielle PR-Themen geöffnet. Ihrer Meinung nach ist die Neutralität der Berichterstattung in Gefahr. Das Ziel ist jedoch ein anderes: Der konstruktive Journalist will zum Weiterdenken anregen, die Geschichten hinter den Nachrichten erfassen und auf die positiven Aspekte verweisen. Dies könnte für die oben aufgeführten Beispiele folgende Themen generieren: Experten diskutieren die Zinspolitik, Beispiele für Hilfsinitiativen für Afrika und für die gelungene Integration von Flüchtlingen werden vorgestellt oder es wird über Brad Pitts erfolgreichen Alkoholentzug berichtet. Und: Auch wenn sich ein Unternehmen für ein soziales Projekt stark macht, kann dies eine Nachricht wert sein. Denn Fakten werden nicht verschwiegen, eine Situation als solche wird nicht in Frage gestellt. Auch in diesen Fällen muss recherchiert und kritisch hinterfragt werden. Zusätzlich werden nur einige Aspekte hervorgehoben. Und so ist konstruktiv eben nicht einfach nur positiv.
Die Skandinavier Cathrine Gyldensted und Ulrik Haagerup gelten als die Pioniere des konstruktiven Journalismus. Diese Form der Berichterstattung ist im Arbeitsalltag der nordischen Länder bereits recht verbreitet. Aber auch in Deutschland gibt es Beispiele: Beim Online-Magazin „Perspective Daily“ erscheinen pro Woche fünf Artikel. Diese sollen die Fakten zu einem Thema darstellen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Die Huffington Post hat eine „Good News“-Rubrik etabliert und auch Medien wie „taz“, „Welt“, „Zeit“ oder „Spiegel“ recherchieren die Geschichten hinter den Nachrichten. Das ist sicher nicht immer einfach und kommt im journalistischen Alltag oft zu kurz. Aber eine ordentliche Portion „Konstruktivismus“ kann ja jeder gebrauchen.