Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen?

Künstliche Intelligenz (KI) ist eines der großen Trendthemen, doch was genau steckt dahinter? Der Begriff stammt aus dem Gebiet der Informatik und bedeutet, dass eine Maschine intelligentes, menschliches Verhalten nachahmt. Sie automatisiert und  trainiert dieses und kann sich dadurch stetig weiterentwickeln. Viele befürchten gerade aufgrund dieser Fähigkeit in Zukunft zahlreiche Jobverluste und überspitzt gesagt eine „Herrschaft der Roboter“.

Dabei sind die Haltungen zum Thema Künstliche Intelligenz auch in der Wirtschaft durchaus kontrovers und viel diskutiert. (Ex)- Programmierer und Facebook-Chef Mark Zuckerberg und Bill Gates halten es für recht wahrscheinlich, eines (nicht allzu fernen) Tages von Robotern ersetzt zu werden. Denn beide sind der Meinung, dass Programmieren der einzige Beruf mit Zukunft sei. Um in der Arbeitswelt bestehen zu können, müsse man programmieren lernen.

Viele Stimmen, vor allem aus der TMT-Branche (Technologie, Medien, Telekommunikation), teilen diese Ansicht jedoch nicht. Eine davon ist Lars Trieloff, Director Platform Marketing bei Adobe; er belegt seine Meinung durch ein einfaches Beispiel: „Ein Viertel aller Jobs in Deutschland hängen beispielsweise an der Automobilindustrie. Bedeutet das dann folgerichtig, dass ein Viertel aller Deutschen wirklich eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker braucht? Ich würde behaupten: Nein, selbstverständlich nicht!“ Vielmehr würde die Zukunft auch weiterhin differenzierte Berufsfelder bereithalten.

Auch nach Marc Opelt, dem Marketing Vorstand von Otto, sind die Ängste vor einem Jobverlust unbegründet. Es sei unwahrscheinlich, dass KI Arbeit ersetzt, gerade dort, wo menschliche Kreativität, das Empfinden von Ästhetik und auch Empathie gefragt sind. Zudem käme bei Künstlicher Intelligenz vor allem der Innovationsgedanke zu kurz: Alleine auf Wiederholung und gesammelten Daten basierend entstehen keine neuen Kreationen, vielmehr entwickeln sich diese losgelöst von Routine und Vergangenem.

Aus der Perspektive der Arbeitgeber und Entscheider sind die Meinungen zum Einsatz von KI ebenfalls mehrheitlich positiv. Laut einer aktuellen PwC-Umfrage, an der 2.500 Verbraucher und Entscheider teilgenommen haben, glauben ca. 60%, dass KI wichtige Probleme der heutigen Gesellschaft lösen könnte. 72% der Entscheider sehen einen großen Geschäftsvorteil im Sinne von Wettbewerbsvorzügen und Effizienzgewinnen in der Nutzung von KI.

KI und Kommunikation

In keinem anderen Bereich ist die KI bereits so weit verbreitet wie im Kundensupport. Durch den Megatrend „Chatbots“ können Online-Kunden beispielsweise rund um die Uhr und sehr personalisiert betreut werden. Die Bots haben ständigen Zugriff auf die Kundennutzungsdaten, die in Echtzeit analysiert und ausgewertet werden. Durch den selbstlernenden Prozess können die Konversation sowie das Angebot besser auf Kunden und Nutzer ausgerichtet werden. Zudem übernimmt der Chatbot das gängige „Wording“, so dass der Kunde das Gefühl bekommt, es handle sich um einen echten Menschen.

Ein radikales Beispiel für die Umsetzung einer KI-Strategie im Kundensupport bietet aktuell Zalando. Der Online-Versandhändler hatte im März bekannt gegeben, dass im Marketingbereich 250 Arbeitsplätze des Standortes Berlin durch KI ersetzt werden. Die KI-basierten Lösungen übernehmen hier Marketingaktivitäten, wie Kundenansprache, Content-Generierung und Nutzeranalysen.

Ein weiteres interessantes Beispiel für den automatisierten Kundensupport ist das Hamburger Start-up Akanoo. Eine Software wertet das Nutzerverhalten von Kunden der Online-Shops in Echtzeit aus und empfiehlt umgehend neue Produkte oder Rabatte um die Kaufkraft zu erhöhen. Zu den Nutzern dieser Software zählen unter anderem Deichmann, Thalia und Otto; insgesamt wird die Software in über acht Ländern genutzt und analysiert dabei Daten von über 50 Millionen Online-Shoppern.

Auch in der Krisenprävention kann Künstliche Intelligenz Unternehmen und Agenturen unterstützen. Dank spezieller KI-Programme können Erwähnungen und Bilder von Logos oder Produkten einzelner Kunden im Internet identifiziert und zeitgleich analysiert werden. So lässt sich frühzeitig feststellen, ob sich negative Erwähnungen oder Kommentare zu Kommunikationskrisen entwickeln könnten. In vielen Fällen kann so mit einer Genauigkeit von bis zu 90% eine anstehende Krise vorhergesagt werden.

Der aktuelle Stand

Noch gehört Künstliche Intelligenz nicht grundsätzlich zum Alltag, ist aber in vielen Bereichen schon nicht mehr wegzudenken. Dabei scheint das volle Potential der KI bisher weitgehend unentdeckt. Laut einer Umfrage von Deloitte, bei der Manager aus der TMT-Branche befragt wurden, erwarten 75% bereits in den nächsten drei Jahren eine grundlegende Transformation in einigen Branchen. Daher ist es durchaus ratsam, sich rechtzeitig mit dem Thema zu befassen, denn KI wird nicht als fertiges „Gesamtpaket“ geliefert. Jedes Unternehmen muss sich klare Ziele setzen, welchen Nutzen es sich von KI verspricht und die Software individuell einrichten.

Letztlich sollte man die Entwicklung der KI jedenfalls nicht nur skeptisch verfolgen. Wie wäre es stattdessen eher mit Neugier? Lars Trieloff von Adobe denkt diesen Gedanken zu Ende: Wenn die KI unaufhaltsam voranschreitet, sollten wir dann nicht versuchen, gerade deshalb die menschliche Intelligenz weiterzuentwickeln und zu fördern? Sollten wir nicht unsere menschlichen Skills so optimieren, dass keine KI und kein Computer uns jemals ersetzen könnten?