Digital Nomads: Das perfekte Kombipaket aus Urlaub und Arbeit?

Was für eine Vorstellung: Das ganze Jahr auf Reisen sein, nicht länger als einen Monat am gleichen Ort verbringen, jeden Kontinent der Welt betreten und dabei seinen Lebensunterhalt verdienen. Klingt nach dem perfekten Leben. Die eigene Wanderlust ausleben und nebenbei arbeiten – das Prinzip des Digital Nomad findet immer mehr Beachtung in der arbeitenden Gesellschaft. Mittlerweile gibt es sogar eigene Konferenzen, die dem Thema der ortsunabhängigen Unternehmer gewidmet sind. Aber wie genau funktioniert das?

Die Voraussetzungen

Es gibt zwei Dinge, die ein digitaler Nomade benötigt: einen Laptop und WLAN. Das sollte heutzutage ja (eigentlich) kein Problem sein. Dazu noch ein Job, bei dem die physische Präsenz nicht nötig ist und schon sind die Voraussetzungen für ein standortunabhängiges Berufsleben geschaffen. Laut einer Studie der Job-Suchmaschine Joblift bekommen Softwareentwickler, Texter und Marketingfachkräfte am häufigsten die Chance, bürounabhängig zu arbeiten. Das Schreiben eines Blogs, über den digitale Produkte verkauft werden, Affiliate-Marketing betrieben wird und Werbeanzeigen positioniert werden oder auch das Verkaufen von eigens entwickelten innovativen Softwareprogrammen stehen hoch im Kurs der Weltenbummler. In Coworking Spaces können sich die digitalen Nomaden für eine Tages-, Wochen- oder Monatspauschale einmieten und dort ihren ganz eigenen Arbeitsplatz schaffen – umgeben von unzähligen Gleichgesinnten. Nach einigen Stunden Arbeit ist dann die Seele dran. Ein bisschen Entspannen am Pool des Hostels, ein Spaziergang am Strand, während am Horizont die Sonne untergeht oder ein abendlicher Yoga-Kurs stehen zur Auswahl. Klingt easy.

Doch wie weltenbummlerisch ist diese Kombination aus Arbeit und Urlaub tatsächlich?
Fakt ist: Am Ende eines Monats muss die Zahl der Einnahmen die der Ausgaben übersteigen. Bedeutet im Umkehrschluss: Ein Land mit möglichst niedrigen Lebenshaltungskosten bietet den vermeintlich idealen Aufenthaltsort, während über die Fernanstellung in Deutschland (gutes) Geld verdient wird. Diese Form der Preis- und Währungsnutzung wird als Geo-Arbitrage bezeichnet. Länder wie Australien oder die USA bilden somit nicht die beste Anlaufstelle für digitale Nomaden, sondern eher asiatische oder südamerikanische Regionen.

Traumjob oder doch alles nur Fassade?

Das maximale Maß an Freiheit gibt dem digitalen Nomaden die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wann er wie lange arbeiten möchte. Keine festen Arbeitszeiten bedeuten allerdings auch: kein fester Feierabend. Acht oder zwölf Stunden am Tag vor dem Laptop verbringen ist nicht unbedingt eine Seltenheit dieses Lebensstils. Vor allem dann nicht, wenn man auf Kommunikationsaustausch nach Deutschland angewiesen ist. Wenn der Zeitunterschied die Sechs-Stunden-Marke überschreitet, kann das für den Reisenden anstrengend werden. Und auch bei Selbstständigen, die die Freiheit haben, ihre Arbeitszeiten selbst einzuteilen, kann die Effektivität ausbleiben, denn ohne gewohnte Routinen fällt es doch dem Großteil der Menschen schwer, wirklich produktiv zu arbeiten.

Wer nun glaubt, jeder Zweite wird zum Aussteiger aus dem klassischen Berufsleben, der liegt falsch. Laut der Studie von Joblift machen diese standortunabhängigen Jobs gerade mal 0,01 Prozent des Online-Stellenmarkts aus. Es handelt sich also um einen sehr kleinen Bruchteil der Gesellschaft, der überhaupt die Möglichkeit hat, den Weg eines digitalen Nomaden einzuschlagen. Denn für den Großteil der Berufe ist es noch immer notwendig, am Arbeitsplatz vor Ort zu sein.
Die wenigen Menschen, die sich für das Abenteuer eines digitalen Nomaden entscheiden, wollen das meist nicht ihr Leben lang verfolgen. Nach Ausbildung oder Studium für die nächsten 50 Jahre im gleichen Betrieb zu bleiben, ist in der heutigen Gesellschaft zwar meist überholt. Aber Dinge wie Familie, Freunde oder die Partnerschaft bewegen fast jeden Aussteiger irgendwann dazu, den Rucksack an den Nagel zu hängen.

Digitale Nomaden: Jeder von ihnen hat innovative Ideen, individuelle Träume und einzigartige Ziele. Doch eins ist es, wonach sie alle streben: der vollkommenen Unabhängigkeit – die aber auch gepaart ist mit einer maximalen Eigenverantwortung.