Kopfbarrierefrei in die Tasten hauen: Genau mit diesen Worten startete Christine Weißenborn, Autorin, freie Journalistin, Kommunikationsberaterin und Gründerin vom Blog Gretas Freunde in eine Hering Schuppener Academy. Zwischen ihrem Job, unter anderem für die Verlagsgruppe Handelsblatt, ihrer Abenteuerlust und das Reisen durch die Welt mit ihrer Familie hat sie ihren Traum der Kinderbuchautorin verwirklicht. Seit 2016 ist das zauberhafte Buch „Gretas Schwester – Von wilder Welt und Wanderlust“ auf dem Markt. Einfach mal machen, frei von Strategie und Konzept war die Devise für das Kinderbuch.
Genau dieser neue und freie Ideenansatz, fernab vom Joballtag, hat sie zu „Gretas Freunde Consulting“ inspiriert. Mit Charme, Humor und „Geht nicht, gibt’s nicht“-Mentalität berät Christine Weißenborn verschiedene Unternehmen in Fragen zum Storytelling, zur relevanten Themensetzung, zum Schönschreiben, zur digitalen Kommunikation etc. Im Kurzinterview erklärt die Autorin, worauf es bei der Storyentwicklung ankommt und wie man Journalisten für sich und sein Thema überzeugen kann.
Was macht eine gute Story aus?
Eine gute Story überrascht, schockiert, lehrt, stößt ab, regt an oder macht einfach nur Spaß. In jedem Fall lässt sie nicht kalt. Ich stelle mir bei jeder Geschichte die Frage, ob meine Sätze das Potential haben, Emotionen hervorzurufen. Sind sie die Zeit wert, die der Leser in ihr Studium investiert? Habe ich Neuigkeiten darin untergebracht oder Formulierungen geschaffen, die Schauer über den Rücken schicken? Einer meiner Lieblingstexte der letzten Zeit war eine Liebeserklärung an die Kaffeemaschine im SZ Magazin. Großartig geschrieben. Ich habe mich in annähernd jeden Satz verliebt und in annähernd jedem Satz wiedergefunden. Der Text hat glücklich gemacht und ist vor allem haften geblieben. Letzteres zu schaffen ist die höchste Kunst aber auch der schönste Preis, den es beim Schreiben zu gewinnen gilt. P.S.: Als Kaffeemaschinenhersteller in diesem Text untergekommen zu sein, Chapeauchen!
Jeder PR-Verantwortliche kennt das Problem, immer wieder neue Ideenansätze für ein bestehendes Thema zu finden. Wie ist Ihre Herangehensweise?
Ich zerbrösele ein Produkt oder ein Thema gerne und schreibe dann über die kleinen, feinen Krumen. Das können Materialien sein, Stimmungen, die mein Gegenstand hervorruft, Gegenden, in denen er verhaftet ist, ungewöhnliche Situationen, in denen er auftaucht, Menschen, mit denen er zusammenkommt. Ich versuche immer, Texten Persönlichkeit einzuhauchen. Es geht darum, Dingen eine Seele zu geben, sie anfassbar und erfahrbar zu machen. In meinen Schulungen wähle ich zwecks Übung zur Ideenfindung gerne einen ganz banalen Gegenstand aus und lasse die Teilnehmer drumherum wie beim Impro-Theater eine Geschichte stricken, in der dieses Ding, nehmen wir beispielsweise eine Zitrone, die Hauptrolle spielen soll. Keine weiteren Einschränkungen zum Wo, Wie, Was, Warum. Das klingt banal, aber da kommen die dollsten Dinger vom Brief bis zum Märchen heraus. Meistens so schön und schlau geschrieben, dass die allermeisten Texte direkt weiterverwertet werden könnten. Letztlich geht es darum, dem Hirn die Zäune zu nehmen und der Phantasie ihren Galopp zu lassen. Diese Art der Geschichtsfindung funktioniert meistens besser, als das ganz große, neue Dossier zum Thema zu suchen. Das wirkt in den allermeisten Fällen fürchterlich konstruiert und jedem Leser ist klar, dass dahinter nichts weiter als schnöde Verkaufsabsicht steckt. Braucht keiner!
Und zum Schluss: Die Story stimmt, doch wie kann ich bei der Journalisten-Themenanbahnung punkten?
Mit Ehrlichkeit, Witz und Persönlichkeit. Und gerne per Mail im Vorfeld. Aber bitte keine stumpfe für die Masse. Und Abtelefonieren finde ich persönlich auch immer schwierig. Das ist undankbar und nervig für beide Seiten und das bringt niemandem nix. Eigentlich läuft die Geschichtsschaffung zwischen PR-Mensch und Journalist nicht anders als bei einem klassischen Bewerbungsverfahren. Der eine sucht. Geschichten für sein Blatt nämlich. Der andere hat. Die Geschichte für das Blatt nämlich. Nun müssen diese zwei Herzchen einander nur finden. Das mit Inhaltslosigkeit in der Ansprache erreichen zu wollen, ist vergebene Müh. Lieber ein knackiges, persönliches Digitalschreiben im Vorfeld, immer gerne verbunden mit dem Wunsch, sich analog zu Gesicht zu bekommen. Es muss menscheln wie in jeder guten Geschichte auch. Ich rate immer dazu, dem Schreiber anzubieten, ihm ordentlich Blick hinter die Kulisse zu gewähren, Berge von Recherchearbeit abzunehmen, spannenden Inhalt zu liefern und trotzdem genug Freiraum für eigene Schreibe und Meinung zu lassen. Eitel ist er der Journalist und schönstem Schein gegenüber allergisch. Bevormundung mag er auch nicht. Das bei der ganzen Genese im Hinterkopf zu behalten, empfiehlt sich. Wenn man den Kollegen aber ausreichend und unverstellt hofiert, ist er eigentlich ganz nett, haha!