Es ist Sommerzeit. Für viele, die nicht den Hitzetagen hierzulande trotzen, heißt das Reisezeit. Bei der Reiseplanung tauchen dann die üblichen Fragen auf nach der Unterkunft, möglichen Unternehmungen, der Kleiderwahl, dem Strandequipment und – ganz wichtig – dem Transportmittel, das einen letztlich zum Urlaubsort der Wahl bringt. Und da ploppt plötzlich auch das Thema Klimakompensation auf. Oder anders: CO2-Ausgleich, Emissionen und Klimaneutralität.
Seit 2005 können Reisende entscheiden, ob sie den CO2-Ausstoß, den sie mit ihrer Reise per Auto, Bus, Bahn oder Flugzeug erzeugen, kompensieren möchten. Manche großen Reiseanbieter wie zum Beispiel die Deutsche Bahn inkludieren in ihren Ticketpreisen einen Anteil für die Klimakompensation. Bei anderen Anbietern hingegen wie zum Beispiel Flixbus oder Lufthansa kann der Kunde selbst entscheiden, ob er zusätzlich zum Ticketpreis noch einen Aufpreis für die Kompensation der Emissionen zahlen möchte. Die Höhe des Preises richtet sich dabei vor allem nach der Länge der Reise. Eine Flugreise von Düsseldorf nach New York und zurück kostet beispielsweise zwischen 54 und 66 Euro. Für alle, die mit dem Auto unterwegs sind, gibt es unterschiedliche Anbieter, die es dem Privatmann ermöglichen, seine Reise mit gutem Gewissen anzutreten. Atmosfair oder Klima-Kollekte errechnen beispielsweise auf Basis der Reisedaten die ausgestoßenen Emissionen und ermitteln daraus den Beitrag, den der Reisende für die Kompensation zahlen sollte.
Doch wohin fließt das Geld? Diese Frage sollte laut Umweltbundesamt intensiv geprüft werden, bevor wir uns als Kunden für eine Organisation entscheiden, die Zertifikate zur CO2-Kompensation anbietet. So existieren allein in Deutschland mehr als 24 Dienstleister, von gemeinnützigen Vereinen bis hin zu kommerziellen Organisationen, die Klimaneutralität und die Investition in gemeinnützige Projekte versprechen. Atmosfair, eine gemeinnützige GmbH mit Sitz in Bonn, verspricht ihren Kunden, die gezahlten Beiträge in unterschiedliche Klimaprojekte zu investieren. So versorgt das gespendete Geld zum Beispiel Haushalte im afrikanischen Ruanda mit effizienten Öfen, um Brennstoff zu sparen. In einem anderen Projekt unterstützt Atmosfair Bauern in Nepal mit dem Bau von Biogasanlagen.
Das Umweltbundesamt rät in diesem Zusammenhang deutlich, die Internetseiten der unterschiedlichen Anbieter ganz genau zu studieren. Je transparenter alle Konditionen, Bedingungen und Investitionen dargelegt werden, desto besser. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist außerdem der Gold Standard. Diese Zertifizierung erhalten ausschließlich Anbieter und Projekte, die nachweislich Treibhausgase reduzieren und gleichzeitig zum Wohl von Umwelt und Gesellschaft beitragen, so die Auskunft auf der Website des Umweltbundesamts. Hilfreich ist auch ein Blick zur Stiftung Warentest, die insgesamt sechs Anbieter unter die Lupe nahm. Mit dem Ergebnis, dass nur drei von sechs getesteten Organisationen sehr gut sind: Atmosfair, Klimakollekte und Primaklima.
Wer jetzt denkt, dass ihm Begriffe wie Klimakompensation oder CO2-Neutralität nicht nur im Kontext der Reise begegnen, sondern auch im Alltag, der hat Recht. So können selbst der Versand mit der Post oder das Onlineshopping kompensiert werden – aktiv werden müssen hier die Verbraucher allerdings meist selbst. Einige Unternehmen ergreifen schon die Initiative, indem sie den Versand von E-Mails und Briefen mit klimaneutralen Zertifikaten kompensieren. Einen Hinweis dazu findet sich meist im E-Mail-Abbinder oder im Briefkopf. Und es geht noch größer: Unlängst hat zum Beispiel L’Oréal angekündigt, ein CO2neutrales Logistikzentrum zu bauen. Hier gilt aber: Der Begriff „klimaneutral“ ist nicht geschützt und kann generell vor jeden Produktnamen gestellt werden. „Echt“ ist der Begriff nur, wenn er im Zusammenhang mit dem oben genannten Gold Standard auftaucht.
Nichtsdestotrotz scheint für manche Unternehmen das Thema bereits zum festen Bestandteil der CSR-Kommunikation (Corporate Social Responsibility) zu gehören. Doch die Unternehmensstrategie muss konsistent sein. Wer nur in solche Maßnahmen investiert, um sein Image rein bzw. grün zu waschen, sollte die Kritikfähigkeit der Öffentlichkeit nicht unterschätzen. Gerade bei Themen, die Umwelt, soziales Engagement und soziale Verantwortung tangieren, sind Anspruchsgruppen von Unternehmen und Organisationen sowohl aufgrund der persönlichen Betroffenheit und der eigenen Interessen als auch durch die Medienberichterstattung sensibilisiert für Widersprüche in der Kommunikation nach außen. Heißt also, das Handeln von Unternehmen und Organisationen sollte in Einklang stehen mit den Werten, die sie kommunizieren.