Was hat zwei Räder, ist bis zu 20 km/h schnell, elektrisch betrieben und kann an beliebigen Orten ausgeliehen oder abgestellt werden? Ganz klar: die E-Roller, auch genannt E-Scooter. Seit mehr als acht Wochen stehen die Roller neben den bereits seit 2018 etablierten Mietfahrrädern per App zur Ausleihe bereit und versprechen, das Leben mobiler, flexibler und bewegungsreicher zu machen. Mit Anbietern wie Nextbike, Mobike, Call-a-Bike, Tier, Lime, Circ, Voi… Die Konkurrenz ist groß. Daher versuchen die Unternehmen, mit besonderen Angeboten wie „Freunde werben“, Promotioncodes oder Freifahrten Nutzer von sich zu begeistern. Erst kürzlich startete der US-amerikanische Anbieter Lime eine Plakatkampagne mit dem Motto „Unlock Life“. Zu sehen ist sie in den deutschen Metropolstädten Berlin, Hamburg, Dresden, München, Stuttgart, Düsseldorf und Köln. Zielgruppen der mit Humor und lokalen Besonderheiten gespickten Plakatkampagne sind vor allem junge, urbane Menschen. Wo einerseits viel Lob für den Umweltgedanken und den Gedanken des gemeinsamen Teilens ausgesprochen wird, da ertönt auf der anderen Seite auch Kritik. Für die E-Roller gilt das derzeit viel mehr als für die klassischen Mieträder: Mit Überschriften wie „Wir werden mehr Unfälle mit E-Rollern sehen“ oder „Ärger um E-Scooter: Regeln? Was für Regeln?“ vergeht kaum ein Tag, an dem sie nicht in den Medien thematisiert werden. Tatsächlich waren solche Debatten aus unterschiedlichen Lagern zu erwarten. Eine Statistik aus Berlin zeigt aber, dass an der Unruhe etwas dran ist: So wurden in Berlin bereits einen Monat nach Platzieren der Roller 40 Unfälle zwischen Autos, Passanten und Rollerfahrenden gezählt. Da die Rollerfahrenden in der Regel ungeschützt, ohne Blinker oder Bremsleuchte unterwegs sind, gehen diese Unfälle mitunter ziemlich schwer aus. Wer der Verursacher ist, ob der generelle Straßenverkehr oder der Rollerfahrende, kann nach so einem kurzen Zeitraum noch nicht geklärt werden. Dass die Nutzung risikobehaftet ist, steht jedoch außer Frage. Appelliert werden sollte an dieser Stelle an das Verantwortungsbewusstsein aller Verkehrsteilnehmer. Vor allem aber die Rollerfahrenden stehen in der Verantwortung, sich an die Regeln zu halten, in die sie vor der Nutzung einwilligen. Dass man im Besitz eines Führerscheins, mindestens 18 Jahre sein und auf dem Roller nicht zu zweit fahren oder auf Bürgersteigen an Passanten vorbeisausen sollte, sind jedenfalls keine Regeln, die dazu gemacht sind, um sie zu brechen.
Aber lauern die Risiken nur im Straßenverkehr? Nein, sagen hier die Verbraucherschützer. Sie machen darauf aufmerksam, dass die Anbieter nicht nur Umwelt- und Gesundheitsförderung im Sinn haben, sondern vor allem auch die Daten der Nutzer im Visier. Über eine auf dem Smartphone installierte App werden schließlich die Fahrräder und Roller geortet, vom Nutzer gemietet und die Zahlungen abgewickelt. Verbraucherschützer denken hier vor allem an möglicherweise erstellte Bewegungsprofile und die Analyse des Nutzerverhaltens, was die Anbieter jedoch vehement bestreiten. Ratsam sei es dennoch, genau zu überlegen, wie viele Rechte man der App zugesteht und sich vorher genau über den Anbieter zu informieren. Klar ist am Ende jedenfalls: Nutzer der Sharing-Angebote rund um Rad und Roller stehen in der Verantwortung, sich regelkonform zu verhalten und andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden. Aber auch die Anbieter selbst sollten sich stärker für einen bewussten Umgang einsetzen, statt Sharing-Fahrräder und Roller wild in der Gegend zu platzieren und dem Hype bei der Verbreitung zuzusehen. Hinzu kommt, dass es bislang keine eindeutige Regelung gibt, wo und wie die E-Scooter abgestellt werden sollen. Das ist dem Sharing- und Mobilitätsgedanken einerseits natürlich zuträglich, andererseits landen die Roller teilweise aber in Hafenbecken, Kanälen oder Büschen oder werden mitten auf dem Gehweg abgestellt werden. Die Abstellregelung wird somit zu einem Punkt, über den sich E-Scooter-Anbieter Gedanken machen sollten. Inwieweit die Kommunen oder die Stadt selbst dabei involviert sein sollten, ist fragwürdig, schließlich erhalten sie meist erst unmittelbar vor der Auslieferung der Roller Bescheid, dass diese über Nacht in der Stadt platziert werden. Wo Kommunen und Städte allerdings aktiv werden, ist die Frage, ob die E-Scooter automatisch in ihrer Geschwindigkeit gedrosselt werden, sobald Nutzer mit ihnen in einem Bereich unterwegs sind, in dem besondere Vorsicht und Rücksichtnahme geboten ist, etwa auf Gehwegen oder in Parks.
Immerhin: Die meisten Anbieter, die ihre Roller seit Juni auf den Straßen und Gehwegen größerer deutscher Städte abstellen, reagieren bereits auf die ihnen entgegengebrachte Kritik. So ist zu beobachten, dass sie sich in den vergangenen Wochen verstärkt um Aufklärungsarbeit und Sicherheitshinweise bemühen. Anbieter Lime bietet neuerdings sogar sogenannte „First Ride Fahrtrainings“ und regelmäßige Fahrsicherheitskurse an.