New Work: Die Zukunft der Arbeit

Wie wollen, können und werden wir in Zukunft arbeiten? Das ist eine zentrale Frage, mit der sich viele berufstätige Menschen heutzutage befassen – nicht zuletzt, weil sie den Großteil ihrer Zeit im Büro oder Home Office mit Arbeit verbringen. Die Frage nach dem Sinn und Zweck unserer Arbeit wird, ebenso wie die Frage nach alternativen Arbeitsmodellen, sehr häufig gestellt und ist sowohl für Mitarbeiter als auch für Unternehmen von zentraler Bedeutung.

Aber gehen wir noch einmal einen Schritt zurück, zu den Anfängen der New Work-Bewegung: Als Begründer und geistiger Vater des New Work-Konzepts gilt Frithjof Bergmann. Der in Sachsen geborene und in den Vereinigten Staaten lebende Philosoph kreierte bereits in den frühen 1980er Jahren einen Ansatz auf den Umbruch, den die rasante Automatisierung der amerikanischen Automobilfabriken mit sich brachte. Den Fabriken von General Motors stand zum damaligen Zeitpunkt eine Welle von Entlassungen bevor – Bergmann selbst hatte sich als Philosophieprofessor bereits eine Zeit lang mit den Themen Arbeit und Automatisierung beschäftigt, schrieb das Buch „Neue Arbeit, neue Kultur“ und gründete zusätzlich das erste „Zentrum für Neue Arbeit“.

Der erste Vorschlag dieses Zentrums an General Motors war sowohl radikal als auch revolutionär. Statt wegen der Automatisierung die Hälfte der Arbeiter zu entlassen, und damit die „halbe Stadt arbeitslos und die andere Hälfte überarbeitet“ zu machen, sollte General Motors lieber einen „horizontalen Schnitt“ wagen: Alle bleiben, arbeiten aber nur noch sechs Monate im Jahr. In den anderen sechs Monaten, so Bergmann, sollten die Arbeiter ins Zentrum für Neue Arbeit kommen, um herauszufinden, was sie „wirklich, wirklich wollen“. Das Zentrum für Neue Arbeit würde ihnen dabei helfen, damit tatsächlich auch Geld zu verdienen.

Jetzt, da Bergmann fast 90 Jahre alt ist, wird sein Konzept erneut aufgegriffen – schließlich war er es, der wie kein anderer die alles entscheidende Frage stellte: Womit wollen wir wirklich die Zeit verbringen, die uns zur Verfügung steht? Während diese Frage ihre Aktualität wahrscheinlich nie ganz verlieren wird, gibt es zwischen den Anfängen der New Work-Bewegung und unserer modernen Gegenwart noch eine weitere Parallele, denn auch das digitale Zeitalter wird die Art und Weise, wie wir arbeiten, grundlegend verändern.

Hinzu kommt, dass sich auch unser persönliches Verhältnis zur Arbeit allmählich zu verändern scheint. Gerade die sogenannten Young Professionals sind dafür bekannt, ihr Leben nicht mehr nur der Arbeit unterordnen zu wollen, sie fragen stattdessen eher nach dem Sinn ihrer Tätigkeiten und wünschen sich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit. Ein klares Indiz für diese Entwicklung ist die Tatsache, dass traditionelle Statussymbole – so zum Beispiel Dienstwagen oder Einzelbüros – vermehrt in den Hintergrund rücken. Außerdem wünschen sich viele Mitarbeiter heutzutage mehr Mitbestimmung und Autonomie – Forderungen, auf die Unternehmen reagieren müssen, um qualifizierte Kandidaten für sich zu gewinnen und langfristig binden zu können. Gleitzeit, Home Office und etwa Sabbaticals sind mögliche Angebote für Mitarbeiter, durch die sich Unternehmen an den Wertewandel anpassen können.

Insgesamt lässt sich New Work als eine Art Sammelbegriff für zukunftsweisende und sinnstiftende Formen der Arbeit definieren. Gleichzeitig gibt es spezifische Werte, die die New Work-Bewegung beeinflussen und definieren. Ein wesentlicher Aspekt ist in diesem Kontext nicht nur die Frage nach dem Purpose, die sich für Mitarbeiter und Unternehmen gleichermaßen stellt – schließlich sollten sich auch letztere mit der Frage auseinandersetzen, welchen sinnvollen Beitrag sie für die Gesellschaft anstreben, beispielsweise durch soziales Engagement oder eine besonders nachhaltige Produktion.

Bestimmt wird die New Work-Bewegung zusätzlich durch das Prinzip der Holacracy, welches die klassischen Hierarchien ablösen soll, indem wichtige Entscheidungen gemeinsam getroffen und die Verantwortung auf vielen Schultern verteilt wird. Dieser Ansatz passt gerade deswegen so gut in die heutige Zeit, da sich viele Mitarbeiter mehr Mitbestimmung und Autonomie bei der Arbeitsgestaltung wünschen.

Zwei weitere New Work-Trends: Die zunehmende Bedeutung der Agility und der Aspekt des sogenannten Work-Life-Blendings. Während Unternehmen durch die Digitalisierung und damit einhergehende Innovationsprozesse vor neue Herausforderungen gestellt werden, indem sie immer schneller auf komplexe Veränderungen reagieren müssen, verbreitet sich allmählich die Auffassung, der moderne Mitarbeiter müsse nicht mehr zwingend von 9-to-5 arbeiten und dabei physische Präsenz im Büro zeigen. Auch dieser Aspekt passt zum Selbstverständnis vieler berufstätiger Menschen, die Selbstbestimmung über die eigene Arbeitszeit fordern. Gleichzeitig verschwimmen insbesondere durch dieses Prinzip allerdings auch die Grenzen zwischen Freizeit und Beruf – New Work steht folglich für die individuelle Suche nach einer ganz persönlichen Vereinbarkeit von Privat- und Arbeitsleben.

Der Grundgedanke, sich von alten – teils überholten – Arbeits- und Unternehmensstrukturen abzuwenden, um eine neue, von Individualität und Kreativität geprägte, Arbeitskultur zu erschaffen, findet viele begeisterte Anhänger – einige Start Ups und Unternehmen haben sich das Konzept daher bereits zu Herzen genommen und versuchen, dieses umzusetzen. Nicht zu unterschätzen ist gleichzeitig aber auch, dass New Work eine sehr gute Koordination und Organisation des Unternehmens voraussetzt. Zudem stellt sich die Frage, ob die Ansätze eines New Work-Konzepts Unternehmen am Ende wirklich erfolgreicher machen.