Ausnahmezustand – was nun?

Janine Döring, Head of GCI Hering Schuppener, spricht darüber, was Unternehmen und Marken in der aktuellen Situation im Hinblick auf ihre Kommunikation beachten sollten und wie man sie unterstützen kann

Unser soziales Leben ist auf ein Minimum heruntergefahren. Was sollten Unternehmen und Institutionen in ihrer Kommunikation beachten? Ruhe oder Aktivität?
„Natürlich ist es für keinen leicht, mit der aktuellen Situation zurecht zu kommen. Es ist ein Novum für jeden von uns. Aus Kommunikationssicht sollte man versuchen, sich nicht in diesem Schock einzurichten und auf „stumm“ zu schalten, was ja durchaus ein natürlicher Reflex wäre. Unternehmen und ihre Marken müssen gerade jetzt weiter aktiv kommunizieren und informieren, intern wie extern. Das Bedürfnis danach seitens der Zielgruppen ist gerade sehr hoch. Wenn ich offen bin, gelingt eine persönliche Bindung und meine Glaubwürdigkeit wird nachhaltig gestärkt. Wer bislang sehr defensiv kommuniziert hat, für den bietet unsere derzeitige Ausnahmesituation sogar die Chance, seine Strategie zu ändern und vielleicht sogar offensiv in die andere Richtung zu agieren. Kurzfristig zu handeln und dabei zugleich langfristig strategisch zu denken, ist gerade jetzt wichtig für Kommunikatoren. Einige Negativ-Beispiel zeigen aktuell deutlich, was passiert, wenn der Kommunikationseffekt einer Aussage vorab nicht genau geprüft wird. Die Menschen sind aktuell sehr sensibel und solidarisch – mit heutigen Fehlern müssen Marken lange leben. Genauso werden aber auch positive Aktivitäten und Haltung deutlich von den Menschen wahrgenommen.“

Wie lässt sich eine Marke aktuell unterstützen, sind überhaupt „schöne“ Themen in dieser schweren Krise angemessen transportierbar?
„Seitens der Agenturen ist sehr viel Sensibilität gefragt. Sie sollten Ruhepol und Sparringspartner zugleich sein. Diese Krise ist für alle neu, wir sitzen in einem Boot, da gilt es, in die gleiche Richtung zu rudern. Auch wenn das Ufer noch nicht in Sicht ist – es wird kommen. Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, seine Markenpräsenz zu behalten und den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Wir Menschen haben klar das Bedürfnis, ein Stück Normalität im Alltag leben zu können. Der Kontakt mit den Eltern muss nicht abreißen, der Video-Call ist da sehr nützlich, auch wenn er die persönliche Begegnung sicherlich nicht ersetzen kann. Aber wir bleiben in Kontakt und möchten uns – und da nehme ich die Unternehmen wie die Medien als Multiplikatoren in die Pflicht – auch mit anderen Dingen als Krisenthemen beschäftigen. In gesellschaftlichen Ausnahmensituationen vertraut der Kunden „seinen“ bisherigen Marken umso mehr, sie sind Teil seiner positiven Normalität. Sie geben ihm Sicherheit, vermitteln Wohlbefinden und Geborgenheit. Kreative und gut aufbereitete Themen sind daher aktuell enorm wichtig, machen im Idealfall etwas Mut oder bringen einfach nur Spaß in den reduzierten Alltag.“

Was kann man also tun?

„Im B2C- wie im B2B-Bereich muss man momentan intensiver denn je zuhören und im Dialog bleiben. Was beschäftigt meine Zielgruppe gerade, welche Themen bieten einen positiven Beitrag, gibt es Probleme, die vorher nicht da waren oder veränderte Bedürfnisse? Es geht darum, die Kunden in ihrem Leben und Tagesgeschäft zu unterstützt und auf die akute Situation zu reagieren. Für eine Marke im Foodbereich können das digitale Kochparties mit Profiköchen sein, der Modehändler bietet digitales Live-Shopping am Samstagnachmittag an und im B2B geht es eher um flexible Business Lösungen, wie eine kontaktlose Warenausgabe im Großhandel oder digitale Serviceinformationen. Mehr denn je sollte kommunikative Weitsicht und Empathie jede Aktion begleiten und individuell zur Marke und zum Unternehmen passen.“