Die „neue Normalität“: Aktuelle Herausforderungen der Kommunikation

Janine Döring, Managing Director bei GCI Hering Schuppener zum richtigen Handeln in unruhigen Zeiten

Nie war die Kommunikation so herausfordernd, schnell und flexibel wie heute. Für diese Krise gab es keine Pläne, kein Patentrezept. Die Folge: Alle fahren zurzeit „auf Sicht“. Jetzt ist es wichtig, Perspektiven zu schaffen und passende Maßnahmen voranzutreiben – immer mit der Gewissheit, eventuell wieder ad hoc in den Krisenmodus rückkehren zu müssen. Aktuell kommen wir alle gerade in der „neuen Normalität“ an. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die letzten Wochen zu analysieren, einen Status Quo zu erstellen: Was ist gut gelaufen, welche Schlüsse lassen sich ziehen? Wie bleiben wir in jeder Situation handlungsfähig und können weiter kommunizieren? Wie hat sich das Verhalten unsere Zielgruppe verändert? Für die Kommunikation heißt dies, aktiv zu werden und Chancen zu nutzen. Stakeholder, Kunden und Mitarbeiter haben aktuell ein sehr hohes Informationsbedürfnis, es werden verlässliche Informationsflüsse und eine vorsichtige Rückkehr zu „normalen“ Themen erwartet. Es geht um eine Art „Zerstreuung mit Mehrwert“ und Unternehmen und Marken sind gefordert auf dieses Kommunikationsbedürfnis bestmöglich zu reagieren. Es gilt daher, die eigenen Zielgruppen abzuholen und mitzunehmen.

Auch kleinere Unternehmen ohne große Kommunikationsabteilungen sollten ihre Potenziale dabei nutzen, Synergien bündeln und sich auf ihre Identität und ihre Marke besinnen. Wofür stehen sie? Was gibt es zu sagen? Sinnhaftigkeit hat in der Krise eine noch größere und greifbarere Bedeutung gewonnen. Zudem suchen Zielgruppen in Krisenzeiten nicht nach neuen Marken, sondern nach Halt und Bewährtem. Trotz des ersten Impulses, andere Themen als drängender zu empfinden, bleibt es auch für mittelständische Unternehmen unverzichtbar, erreichbar zu sein und aktiv zu kommunizieren – und zwar auf den Kanälen, auf denen sie bisher auch präsent waren.

Die Kommunikationsplanung für 2020 sah sicher bei allen deutlich anders aus. Allerdings heißt das nicht automatisch, dass die Themen nicht weiterhin genutzt werden können. Sie als Grundlage zu nutzen, aus ihnen etwas Neues zu entwickeln, das ist nun die Aufgabe. Was liegt also bereits vor? Welche Inhalte sind kurzfristig verfügbar und welcher Unternehmenskanal eignet sich für die Distribution? Es muss nicht alles neu gedacht werden, vielleicht nur der Weg angepasst werden. Gefragt sind Ideen, die sich schnell und leicht entwickeln und umsetzen lassen und die zum Unternehmen/zur Marke passen, zum Beispiel Video-Tutorials, Newsletter zu Spezialthemen oder ein LinkedIn Post. Gewinnen werden vor allem Unternehmen, die schon vorher im intensiven Austausch mit ihren Zielgruppen waren. Über dialogische Kanäle können sie veränderte Bedürfnisse der Zielgruppen antizipieren und auf sie eingehen. Das Gebot heißt jetzt, gut zuzuhören. Was Themen und Inhalte angeht, ist Sensibilität gefragt. Welche Geschichten sind erzählenswert, welche sind angemessen zur aktuellen Situation? Wer Spannendes zu berichten hat, sollte dies tun – wer keinen inhaltlichen Mehrwert bieten kann, sollte sich zurückhalten. Die Corona-Krise wurde zudem zum Beschleuniger der Digitalisierung, auch die Kommunikation muss geplante Themen in die digitale Dimension umdenken. Deswegen ist es nun höchste Zeit, digitale Strukturen auf- und auszubauen. Zum Beispiel in puncto Veranstaltungen: Können physische Presseveranstaltungen oder Produktvorstellungen in eine digitale Dimension umgedacht werden? Dafür gibt es viele technische Tools und gute Ideen müssen nicht immer kostenintensiv sein. Die Erfahrung zeigt, dass durch den Wegfall zeitaufwendiger Anreisen die Zahl der Teilnehmer sogar steigen kann. Der Mut neue Wege zu gehen wird oft belohnt.

Dabei kommt es nicht nur auf das „was“, sondern auch auf das „wie“ an, wenn die Nerven angespannt sind: auf die Tonalität der Kommunikation. Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen und so darf es bei aller Sachlichkeit auch mal „menscheln“, beispielsweise wenn das Unternehmen Mitarbeiter zu Botschaftern macht oder wirklichkeitsnahe Blicke hinter die Kulissen gewährt. Authentizität schafft Sympathie. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Unternehmensleitung sollte in schwierigen Zeiten ebenfalls Präsenz zeigen, Zuversicht und Solidarität vermitteln – Krisenkommunikation ist nun einmal Chefsache.

Für Kommunikatoren waren und sind es unruhige Zeiten, die Krise und ihre Folgen eröffnen jedoch viele neue Handlungsspielräume. Deswegen: Raus aus dem Krisenmodus, rein in die Handlungsfähigkeit.