Ganz klar, für viele Menschen bedeuten die Lockdowns deutlich mehr Arbeit und Zeitaufwand: Ob sie als Lehrer beim Homeschooling aktiv werden, die geschlossene Mensa für die Familie ersetzen und es einfach mehr hinterher zu räumen und zu putzen gibt – es kommt keine Langeweile auf. Andere aber haben im Zweifelsfall deutlich mehr Zeit zur Verfügung als aus Vor-Corona-Zeiten gewohnt, da sie nicht mehr pendeln müssen oder weniger Stunden arbeiten.
Für sie ist es die beste Gelegenheit, um sich ein neues Hobby zu suchen. Das Gute ist, dank der fortgeschrittenen Digitalisierung geht das fast immer auch mithilfe von Apps und Social Media. Da die Versorgung durch Kantinen und Restaurants ausfällt, könnte Kochen anhand von YouTube-Videos sich zum Beispiel als durchaus praktisch erweisen. Schließlich lebt der Mensch nicht nur von Tiefkühlpizza und Gummibärchen allein. Mit dem Drang, das eigene Zuhause zu verschönern, sind auch sämtliche DIY-Projekte zu neuen Ehren gekommen. Sowohl das Upcycling von Möbeln und der neue Wandanstrich als auch Stricken, Häkeln und Handlettering sorgen für Abwechslung im täglichen Einerlei. Mit Sicherheit eine sinnvolle Methode, um das seelische Gleichgewicht zu erhalten, sind Yoga und Meditation. Damit lässt sich der Stress abbauen, den die Pandemie manchmal auch unbemerkt in uns erzeugt. Dass die Streamingdienste und Podcast-Anbieter ebenfalls in der Krise nie gekannten Zulauf haben, ist kein Geheimnis. Und das Erlernen eines Instruments oder einer neuen Sprache bietet sich als perfekte Methode an, um die Zeit sinnvoll zu füllen und den Kopf zu beschäftigen.
Und dann gibt es da noch Social Karaoke. Was ist das eigentlich, wer macht bei so etwas freiwillig mit und wie schlimm hört sich der Gesang an? So die erste Überlegung. Also einfach eine der vielen zur Auswahl stehenden Apps (z.B. Smule, Yokee oder StarMaker) heruntergeladen und plötzlich ist man mittendrin in einer weltweiten Community von sangesfreudigen Menschen. Zur Auswahl stehen Millionen Songs, die man allein singen kann, oder aber – und das ist der deutlich größere Spaß – mit anderen Leuten von irgendwo auf diesem Planeten. Entweder selbst einen Song als „offenes Duett“, also quasi halbfertig, in Form eines Videos oder Tontracks hochladen und auf Mitsänger warten oder sich umgekehrt einem anderen Sänger anschließen. Schon mal mit einem russischen Eisenbahnarbeiter Heavy Metal gesungen, mit einem Italo-Amerikaner aus New Jersey gerappt, mit einem kanadischen Truckerfahrer Countryschnulzen zum Besten gegeben oder mit einer Finnin traurige Balladen geschluchzt? Selten so eine gute Zeit gehabt seit Ausbruch der Pandemie.
Neben den aufgenommenen Cover-Songs gibt es auch die Möglichkeit, live in den Partyräumen zu singen. Muss man sich erst mal trauen, aber ist auch schon beim Zuhören ein Highlight. Schließlich treiben sich aktuell viele Berufsmusiker auf der Plattform herum aus Mangel an Gelegenheiten zum öffentlichen Singen. Und keine Sorge, es braucht trotzdem niemand ein großer Stimmkünstler zu sein. Die gegenseitige Unterstützung durch ermunternde Kommentare oder das Zusenden von Geschenk-Icons ist enorm, gerade für alle Neuankömmlinge.
Dabei ist das Singen nur der halbe Spaß, denn ohne Probleme kommt man mit seinen Gesangspartnern auch über die Chatfunktion ins Gespräch. Einsamkeit im Lockdown ist damit passé. Ob man sich über die jeweilige Covid-Situation auf der anderen Seite der Erde austauscht, über Wetter, Musik oder Job – wer sich für Menschen und ihre Geschichten interessiert, kann Langeweile vergessen. Einziger Nachteil: Durch die weltweite Community ist rund um die Uhr etwas los und immer irgendjemand online. Wen das Karaoke-Fieber erst einmal gepackt hat, der kann Schlafen ab sofort vergessen.